"Spirituelle Haltung" versus "Politische Haltung"?

 

Was ist eine "Politische Haltung"?

 

Ich hatte neulich eine interessante Diskussion mit einer Freundin, die Journalistin ist und sich für eine „politische Haltung“ ausgesprochen hat. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: was ist eine politische Haltung? Sie selbst ist kein Mensch, der ständig auf Demos geht oder bei politischen Gruppen mitmischt. Sie meint damit, dass man sich leidenschaftlich für Etwas einsetzt, um die Welt zu verändern, zu „verbessern“. Dass einem andere Menschen nicht egal sind, und man sich aktiv für sie einsetzt. Soweit, so gut. :)

 

Mein Beispiel

 

Ich habe an einer Fachhochschule studiert, an der wir die meiste Zeit damit verbrachten, politische Diskussionen mit unseren „Alt – 68er“ Professoren zu führen, das politische Gesellschaftssystem gedanklich auseinander zu nehmen und uns mit unserer (beruflichen) Rolle und unserem Handeln kritisch auseinander zu setzen. Ich bin früher also öfter auf Demonstrationen unterwegs gewesen, die sich meistens damit beschäftigten, gegen etwas Bestehendes zu protestieren (nicht nur – manche Demos zeigen auch ihre Haltung für eine Richtung, in die die Veränderung gehen soll). Wenn es um das Protestieren geht, wird das oft sehr emotional getan, weil der Wunsch nach einer positiven Veränderung (der politischen Verhältnisse oder in einem bestimmten gesellschaftlichen Bereich) oft groß ist.

In meinem Fall ist es so, dass ich ein eher ungeduldiger Mensch bin, der die Dinge „schnell“ verändern möchte. Leider führt das auch dazu, dass ich manchmal ungeduldig und wütend werde, wenn ich merke, dass die gewünschte Veränderung nicht „schnell“ eintrifft, sondern ihre Zeit braucht. Das ist an sich nicht weiter schlimm, denn Wut an sich ist weder gut noch schlecht – sie ist einfach ein Gefühl, das gefühlt werden will.

Die Schwierigkeit besteht lediglich darin, dass ich dieses Gefühl, wenn es da ist, oft nicht einfach nur fühle, (und es dann damit loslasse) – sondern dass ich dieses Gefühl „schnell“ wieder loswerden will. Am einfachsten, indem ich mir einen „Schuldigen“ suche, der dann meine Wut vor den Latz geknallt bekommt. Denn dann bin ich sie los – und muss sie selbst nicht mehr fühlen.;)

(Und wer fühlt sich schon gerne wütend? Wut gilt als „negatives“ Gefühl und ist gesellschaftlich quasi „geächtet“. Mit wütenden Kindern sind wir alle überfordert, mit wütenden Erwachsenen noch viel mehr.)

Klingt eigentlich einfach, oder? Führt nur leider nicht zum gewünschten Ergebnis (der positiven Veränderung einer Situation).

 

Wie gehen wir mit unseren Gefühlen um?

 

Hattest Du schon einmal Streit mit Deiner/m Partner/in, und Du agierst sofort, akkut, aus Deiner eigenen Wut heraus, ohne Dir vorher Zeit zu geben, Dich selbst einfach nur wütend zu fühlen (ohne mit dieser Wut zu agieren)? Was passiert dann oftmals?

Ich glaube, eine solche Situation kennen wir alle. Die Wut wird dadurch, dass wir meinen, sie herauszuschleudern und damit loszuwerden, nicht weniger, sondern mehr, denn unser Partner reagiert auf diese Wut in den meisten Fällen wieder mit Wut (wenn er nicht gerade sehr gut ausbalanciert ist), und wir reagieren wieder, usw.

Das heisst auch, wenn wir mit einer Grundhaltung der Wut versuchen, Dinge zu verändern, verändern wir sie hin zu noch mehr Wut. Wut erzeugt Wut.

Das ist es, was mit dem universellen/energetischen Gesetz gemeint ist „Gleiches zieht Gleiches an“ und „Gleiches erzeugt Gleiches“.

Ich hoffe, ich drücke mich hier klar aus – es ist mir wichtig, dass Du verstehst, was ich meine. Ich meine damit NiCHT, dass Du keine Wut mehr haben sollst. (Lies dazu gerne auch meinen Blogartikel „Die größte Herausforderung unseres Lebens..“). JEDES Gefühl will gefühlt werden und wahrgenommen werden, dazu ist es ja da – also fühle es. Fühle die Lebendigkeit Deiner Wut, fühle, wie sie Dich lebendig macht. Indem Du sie fühlst, nimmst Du sie an. Du akzeptierst sie in diesem Moment. Du sagst für diesen Moment „Ja“ zu ihr. Das ist der wichtigste Schritt.

Und dann lass los.

 

Lass Deine Bewertungen los, fühle einfach

 

Lass nicht zu, dass Dein Verstand Dir jetzt in die Quere kommt und Dir sagt, was Dich alles aufregt und was alles schiefläuft und was sowieso alles großer Mist ist. Sage bewusst „Nein.“ Oder „Stopp“ zu den Bewertungen in Deinem Kopf.

Und dann lass los.

Lass einfach zu, dass Ruhe einkehrt. Du musst nichts dafür tun. Du kannst es einfach geschehen lassen. Lass es gut sein. „Let it be“. Damit gibst Du dem Wunder (ja, ich finde, es ist ein Wunder, was da geschieht) Raum – die Situation verändert sich. Du veränderst Dich.

Die Situation hat sich verändert, weil DU DICH verändert hast.

Was „im Kleinen“ geht und gilt, geht und gilt auch „im Großen“. Wieder so ein Gesetz. Und hier kommt gleich noch Eines, wenn wir schon dabei sind;) - „Wie innen, so außen.“ Was für mich nichts Anderes heisst als dass das, was in uns drinnen ist, sich auch im „Draußen“, in der Welt, zeigt. Wenn wir die Welt als Spiegel betrachten für das, was in uns selbst geschieht, wird deutlich, warum wir die Dinge in der Welt, die uns nicht gefallen, uns wütend machen, nicht einfach so verändern können. Beziehungsweise wir KÖNNEN sie ja verändern – aber eben nicht, ohne UNS SELBST zu verändern. Wenn wir uns selbst verändern, verändert sich die Welt mit – quasi automatisch.

 

Wir verändern uns selbst und die Welt, indem wir uns selbst annehmen

 

Und wie verändern wir uns selbst?

Eigentlich nicht, indem wir uns verändern wollen. Sondern genau durch das Gegenteil.

Indem wir uns annehmen. Indem wir uns so akzeptieren, wie wir sind. Indem wir unsere Gefühle fühlen (siehe oben). Indem wir uns über uns selbst bewusst werden und mit unserem Bewusstsein arbeiten. (nein, nicht mit Drogen;).

Indem wir lernen, uns selbst zu lieben, und die Liebe damit in die Welt bringen.

 

"Spirituelle Haltung" und "Politische Haltung" sind EINS

 

In diesem Sinne ist nach meinem Verständnis das Entwickeln einer „spirituellen Haltung“ (oder einer „Meditativen Haltung“, siehe vorhergehender Blogartikel) auch gleichzeitig die Grundlage einer „politischen Haltung“, die Dinge durch Selbstannahme in letzter Konsequenz verändert. Beides gehört zusammen.  Mir selbst wird immer bewusster, dass dieses „mit mir selbst beschäftigen“ (mich selbst annehmen) also rein gar nichts mit Egoismus zu tun hat, sondern im Gegenteil die UNAUSWEICHLICHE GRUNDLAGE bildet, ohne die eine positive Veränderung (wovon auch immer) in der Welt nicht möglich ist.

 

Das heisst selbstverständlich nicht, dass wir dann nicht mehr raus in die Welt gehen und aktiv etwas tun dürfen. Im Gegenteil – eine „spirituelle Haltung“ (mir fällt momentan kein anderer Begriff dafür ein – Du darfst sie gerne anders nennen;) erzeugt u.a. durch das Mitgefühl, das wir lernen, mit uns selbst zu haben, auch ein immer größer werdendes Mitgefühl mit Menschen, Tieren, allen Wesen, und wird auch immer versuchen, dieses Mitgefühl in irgendeiner Weise auszudrücken. Dies muss allerdings nicht im klassischen Sinne auf eine „politische“ Art und Weise geschehen, sondern hat wahrscheinlich so viele Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten, wie es Menschen gibt. Und die eine Art und Weise ist nicht besser oder schlechter als die Andere. Aber das ist ein neues Thema, und soll in diesen kurzen Blogartikel nicht auch noch reingepresst werden.

 

Alles Liebe von

 

Susanne